Brasiliens Süden (Brasilien)

Tosende Wassermassen, streikende Lkw-Fahrer, kurvenreiche Strassen im Hochland, Caipirinhas an endlos scheinenden Stränden und die Besichtigung des ersten Kolonialstädtchens sowie deutsche Kultur prägen unsere letzten Wochen.

 

Route: Foz de Iguazu, Treze Tilias, Urubici, Gravatal, Laguna, Serra do Rio do Rastro, Canela, Florianópolis, Bombinhas, Blumenau, Pomerode, São Francisco do Sul, Curitiba, Santos, Paraty

 

Gewusel wie in Zentralamerika (Foz de Iguazu)

Die letzten Meter in Paraguay verbringen wir im Stau durch Ciudad del Este. Die Stadt ist über die Landesgrenze hinaus bekannt für ihre günstigen China-Märkte, in denen es vor allem Elektroware zu Tiefstpreisen gibt. Das wird dementsprechend täglich von tausenden von  Brasilianern und Argentiniern genutzt. Es wimmelt nur so von Strassenhändlern, welche sich durch die Autokolonnen drängen, um den Wartenden Scheibenwischerblätter, Selfisticks, Süssigkeiten und vieles mehr schmackhaft zu machen. Vorsichtshalber schliessen wir unsere Fenster und verriegeln die Türen von innen. Nach einer Viertelstunde ist es geschafft und wir stehen vor dem Zoll. Die Personenausreise aus Paraguay ist schnell erledigt. Doch dann fühlen wir uns für kurze Zeit zurückversetzt nach Zentralamerika. Wir werden von einer blauen Tür zur anderen geschickt, um unser Auto legal auszuführen. Hinter der ersten Tür sitzt einer, der nicht offiziell aussieht und gerade seine Medikamente sortiert und einwirft.  Nach geschätzten fünf Türen mehr und dreimal über die Strasse laufen, kommt jemand im T-Shirt und sagt, wir können die Papiere für das Fahrzeug ihm aushändigen. Da es sich sowieso um schier unleserliche Kopien handelt, willigen wir ein, und erledigt ist es für uns. Auf brasilianischer Seite läuft die Einreise sehr gesittet ab. Dementsprechend schnell sind die Formalitäten erledigt, und wir rollen ein in das Land, welches 200 Millionen Einwohner zählt und eine Fläche von 8’515’770 km2 aufweist (Schweiz 41’285 km2). Für uns sind nicht nur die vielen Kilometer und Menschen eine Herausforderung, sondern es ist vor allem die Landessprache. Hier wird portugiesisch gesprochen.

 

Wassermassen und Vögel (Foz de Iguazu)

Schon nach wenigen Metern erwartet uns in Brasilien eines seiner Top Highlights. Wir besichtigen die gigantischen Wasserfälle Foz de Iguazu. Die 20 grossen und 255 kleineren Fälle beeindrucken uns sofort. Je näher wir kommen, desto intensiver nehmen wir die Kraft des Wassers wahr. Da es in den vergangenen Tagen stark geregnet hat, stürzen ca. 7'000 m3 pro Sekunde bis zu 84 Meter in die Tiefe. Die in die Tiefe stürzende Wassermasse hört man nicht nur, sondern spürt sie bald auf der Haut. Ein tolles Erlebnis, welches durch einen riesigen Regenbogen noch abgerundet wird. Auf unserer Reise haben wir bereits viele Tiere in freier Wildbahn gesehen, und doch besuchen wir in der Nähe der Fälle den Vogelpark. Hier können farbenfrohe Vögel wie Papageien und Tukane aus nächster Nähe beobachtet und sogar mit unseren Kameras festgehalten werden. Auf dem Campingplatz treffen wir ein weiteres Mal auf Celine und Dani (break-a-way.net), ebenfalls aus dem Baselbiet und gönnen uns gemeinsam eines der typischen Buffets, welche in Brasilien an allen Ecken angeboten werden.                  

                                                                                                        

Kurvenreiche Strassen (Urubici)

Bei Nebel verabschieden wir uns von den Beiden im Morgengrauen und fahren durch hügeliges Gelände rauf und runter bis nach Treze Tilias. Das Dorf wurde von ca. achthundert Österreichern im Jahre 1933 gegründet. Wir parken beim Hotel Tirol und staunen nicht schlecht, als uns eine blonde Dame in Tracht und österreichischem Dialekt begrüsst. Im Museum wird uns bewusst, wie die Menschen hier auch in dritter Generation noch stolz auf ihre Vorfahren sind und viele Traditionen aus Österreich weiterhin gelebt werden. Auf der Weiterfahrt nach Urubici bleibt es sehr hügelig, und wir schlängeln uns über kurvige und steile Strassen, die teils in den Fels geschlagen sind und fühlen uns zwischen den Felswänden wie kleine Zwerge. Während zweier Tage wandern wir zu den beeindruckenden Wasserfällen mitten im Regenwald. Auf unserem Übernachtungsplatz am Mirador Serra do Rio do Rastro erhalten wir Besuch von zwei hungrigen Füchsen. Die Strasse, welche sich mit vielen Haarnadelkurven talwärts windet, ist nachts extra beleuchtet, was uns natürlich sehr gefällt.

 

Lastwagen Streik (Gravatal)                                                                                        

Auf dem Weg Richtung Küste hören wir im Radio, dass Lkw-Fahrer in ganz Brasilien streiken. Kurz vor Gravatal sehen wir bereits von weitem Rauchfahnen in der Luft und kurz darauf stehen wir vor brennenden Autoreifen. Wir werden gebeten anzuhalten und zu parkieren. Uns wäre es lieber, etwas weiter abseits zu warten, und wir versuchen, ein wenig zurück zu setzen. Sofort werden die Demonstranten unruhig, und wir entscheiden, an dem von ihnen gewünschten Platz zu parken. Auf Spanisch und mit Händen erklären wir, dass wir Touristen seien und die Sprache nicht verstehen. Kurze Zeit später kommt ein freundlicher Herr an unser Fenster, welcher etwas Deutsch spricht und erklärt uns die Situation. Die Preise für Benzin und Diesel sind in den vergangenen Monaten stark angehoben worden, weshalb die Lastwagenfahrer nun landesweit die Arbeit niederlegen und alle zum Mitmachen auffordern. Nach 10 Minuten dürfen wir glücklicherweise weiterfahren und ändern spontan unseren Plan. Zuerst tanken wir bei der ersten Tankstelle, die noch Diesel hat, unsere Tanks ganz voll. In der nahe gelegenen Ortschaft Gravatal stellen wir uns auf einen Campingplatz mit Internet und verfolgen so in den Medien, wie sich die Situation entwickelt. Nach drei Tagen fahren wir weiter, jedoch Richtung Süden, so dass unser Diesel immer bis an die Landesgrenze reichen würde. Wir halten uns an die Empfehlung, Grossstädte zu meiden und fahren vorwiegend auf Nebenstrassen in ländlichem Gebiet herum. Das Positive an der aktuellen Situation ist, dass es nur sehr wenig Verkehr auf den Strassen hat. In den nächsten Tagen füllen wir unsere Dieseltanks bei jeder Gelegenheit randvoll, da ein Ende der Blockaden noch nicht in Aussicht steht.                                                                          

Zu Besuch auf einer Farm (Laguna)

Die Atlantikküste empfängt uns mit endlosem Sandstrand. Der harte Sand ist gut befahrbar, was wir natürlich geniessen, denn solche frei zugänglichen Beaches sind selten. Delphine, die den Fischern Fischschwärme zutreiben, soll es nur in Lagunas geben. Das wollen wir uns ansehen. Im Verbindungsfluss der Lagune zum Meer stehen die Fischer hüfttief im Wasser. Ihre Netze halten sie bereit zum Auswurf und warten, bis vorbeischwimmende Delphine ihnen Fischschwärme in die Nähe treiben. Dann werfen sie gekonnt einer nach dem andern ihre Netze aus. Brasilianer sind sehr offen gegenüber Reisenden, die mit ihrem eigenen Fahrzeug unterwegs sind. So werden wir bei einem kurzen Halt angesprochen und beantworten viele Fragen. Kurze Zeit später stehen wir auf einer Farm am Familientisch, werden mit landestypischen Spezialitäten bekocht. Als Dessert gibt es Honig direkt aus der Wabe, so fein.

                                                                                                        

Lange Schlangen (Canela)                                                                                                        

Uns zieht es wieder in die Berge, in den Nationalpark Fortaleza, wo  wir tiefen Schluchten entlang wandern. Der mittlerweile schon 10 Tage andauernde Streik soll gemäss Medienberichten in Ballungsgebieten wie Rio oder Sao Paulo zu Lebensmittel-knappheit führen. Hier, im ländlichen Süden, ist davon noch nichts zu spüren. Bereits einen Tag später kreuzen wir erste Lastwagen, was wir als gutes Zeichen werten, und  so fahren wir weiter nach Gramado, das wie St. Moritz in der Schweiz aussieht. An den Tankstellen gibt es nun wieder Benzin zu kaufen. Wir sind froh, dass unsere Tanks noch gefüllt sind, denn vor den Tankstellen bilden sich kilometerlange Schlangen, was kurzfristig zu Staus an Kreiseln führt. Generell sind wir erstaunt, wie ruhig und geordnet alles vor sich geht, kein „Gedränge“, keine unfreundlichen Worte sind zu hören.        

 

Haxen und Sauerkraut (Blumenau)                                                                

Das Streik-Ende lässt uns wieder Richtung Norden fahren. Doch nicht nur wir, sondern hunderte von Lastwagen rollen ebenfalls auf den Strassen und liefern sich ein Kopf-an- Kopf-Rennen. Wir bevorzugen die Hochlandroute bis nach Lages und dann runter an die Küste, diesmal auf die Halbinsel Florionapolis. Eine vierspurige Brücke lässt uns den wohl immensen Andrang an Autos in den Sommermonaten nur erahnen. Die Küste ist verbaut, und wir erhaschen nur selten Blicke auf das Meer. Schnell weiter und so  finden wir etwas nördlicher in Bombinhas, einen Camping direkt am Meer. Die Suche nach einem geöffneten Fischrestaurant bleibt in der Nebensaison erfolglos, und auf Hamburger aus der Schnellimbissbude haben wir keine Lust. So bleibt uns nichts anderes übrig, als selber zu kochen. Mit São Franzisco do Sul besichtigen wir die drittälteste Stadt Brasiliens, welche mit ihren restaurierten Barockhäusern ein Hingucker ist. Wieder etwas im Landesinnern, in Blumenau, haben wir mehr Glück. Wir steuern direkt die Villa Germanica an. Hier findet jeweils im Oktober das zweitgrösste Oktoberfest weltweit statt. Nach einem Marsch durch die Innenstadt essen wir in einem typisch deutschen Restaurant Haxen, Sauerkraut und Kartoffelstock. Mit überfüllten Bäuchen geht es am Nachmittag gleich weiter nach Pomerode, einem weiteren deutschen Städtchen, wo Traditionen immer noch gelebt werden. So steht der mit 100`000 ausgeblasenen und gefärbten Eiern geschmückte Osterbaum mitten im Zentrum. Zudem schmücken viele Riegelbauten das Dorf.                                                        

                                                                                                        

Winterwetter (Curitiba) 

Nach unserem Ausflug in die deutsche Geschichte, geht es weiter nach Curitiba, einer Grossstadt. Die Sonnenstunden nützen wir für einen Altstadtbummel. Nach dem Nachtessen nehmen wir uns ein Taxi zum bekannten Oskar Niemayer Museum, welches wie ein Auge aussieht und beleuchtet noch schöner wirkt als bei Tageslicht. Den Taxifahrer bitten wir zu warten und uns danach bei unserem zentrumsnahen bewachten Parkplatz abzusetzen. Einsetzender Regen prasselt bereits um 5.30 Uhr auf unser Dach und lässt uns nicht mehr schlafen. So verlassen wir die Stadt im Morgengrauen und nehmen Fahrt Richtung Rio de Janeiro auf.                                                                          

                                                                                                        

Caipirinha (Paraty)                                                                                                        

São Paulo ist mit 12 Millionen Einwohnern die grösste Stadt Brasiliens, welche wir bewusst umfahren. Im strömenden Regen schlängeln wir uns mit den vielen Lastwagen der Küste entlang. Auf diesem Abschnitt sollen angeblich die schönsten Strände Brasiliens liegen, da der Regenwald das Meer berührt. Uns offenbart sich dieser nicht in seiner vollen Pracht. Dafür überrascht uns das Kolonialstädtchen Paraty sehr positiv. Die Häuser reihen sich farbenfroh aneinander, und zu unserer Freude ist das ganze Zentrum autofrei. Die Sonne blinzelt wieder hinter den Wolken hervor und wir gönnen uns den einen oder anderen Caipirinha mit unseren Reisefreunden aus dem Baselbiet, die wir hier wieder treffen.

 

Wir waren 1277 Tage unterwegs

 

und sind am 17. November 2018

wohlerhalten in der Heimat angekommen.

 

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