Wir tauchen ein in eine andere Welt. Pinguine, Robben, Seelöwen und jede Menge Eisberge in den unterschiedlichsten Farbtönen und Formen lassen uns auf unserer 6500km langen Schiffsreise durch die Antarktis, Südgeorgien und den Falklandinseln die Zeit vergessen.
Route: Puerto Williams, Drake Passage, Antarctic Peninsula, Südgeorgien, Falkland Inseln, Ushuaia
Es kann los gehen (Puerto Williams)
In Ushuaia angekommen steuern wir direkt ins Büro Freestyle-Adventure, welches sich auf Last Minute Angebote spezialisiert hat. Unsere Wahl fällt auf eine 20-tägige Antarktistour mit Südgeorgien und den Falklandinseln, mit Start ab Puerto Williams und Ende in Ushuaia. Da die Überfahrt von Ushuaia nach Puerto Williams über den Beagle Kanal wetterbedingt nicht täglich durchgeführt werden kann, starten wir zusammen mit unseren Reisefreunden Alice und Köbi bereits zwei Tage vor Tourbeginn. Bei Sonnenschein und ruhigem Wasser verlassen wir vollbepackt mit einem kleinen Boot den Hafen von Ushuaia. Kaum sitzen wir auf unseren Plätzen fängt es an zu schaukeln. Mehrere Male sucht der Kapitän hinter kleineren Inseln Schutz im seichten Wasser, bis wir nach anderthalb Stunden nicht wie geplant in Puerto Williams, sondern in Puerto Navarinho anlegen. Dieses Vorgehen scheint hier nichts Ungewöhnliches zu sein. Per Autobus wird ein Zollbeamter vor Ort gebracht, nachdem die Formalitäten erledigt sind, fahren wir auf dem Landweg 50 Kilometer durch eine wilde Gegend und kommen sicher in Puerto Williams an. Das südlichste Dorf feiert gerade Geburtstag und so kommen wir in den Genuss von diversen Krabbengerichten und einem Unterhaltungsabend in der Sporthalle. Schneesturm und Regen lassen in dem mehrheitlich von der Marine geprägten Dorf nur kleine Erkundungstouren zu.
Wir stechen in See (Drake Passage)
Und dann ist es endlich soweit, wir besteigen aufgeregt, gespannt und voller Freude das 71 m lange und 12 m breite, blau-weisse Expeditionsschiff mit dem Namen Polar Pioneer, welches für die nächsten 3 Wochen unser Zuhause sein wird. Vor dem Auslaufen müssen alle 54 Passagiere mit Schwimmweste auf Deck erscheinen und den Notfall üben. Allesamt werden in die Rettungsboote verfrachtet, um dort eine Weile mit geschlossenem Deckel und laufendem Motor auszuharren. Zum Glück ist der einzige Notfall während der gesamten Reise bereits vor dem Auslaufen eingetreten. Die Wasserversorgung im Dorf ist durch einen Sturm beschädigt worden. Nur dank dem Einsatz der Ortsfeuerwehr kann die benötigte Frischwassermenge an Bord gepumpt werden. Beim Briefing in der Bar werden wir von Doktor Peter informiert, dass es nun an der Zeit wäre, unsere Medikamente gegen Seekrankheit einzunehmen. Mit vier Stunden Verspätung laufen wir abends um zehn Uhr aus, was wir natürlich gespannt vom Oberdeck mitverfolgen. Nachts verlassen wir den Beagle Kanal und stechen in die Drake Passage, so wird die Meeresenge zwischen Südamerika und der Antarktis genannt. Diese zählt zu den sturmreichsten Gegenden der Erde und bekam ihren Namen nach Sir Francis Drake, dem englischen „Piraten“, dem von 1577 bis 1580 die zweite Welt- Umsegelung nach Magellan gelang.
Nachts erwachen wir immer wieder, denn unser Schiff schaukelt leicht hin und her, rollt auf und ab und wir rutschen im Bett hoch und runter. Beats Wohlbefinden sinkt schon vor dem Frühstück und so verbringt er den Tag vorzugsweise im Bett, während Betty an den vorgeschriebenen Instruktionen für die bevorstehenden Landgänge und an verschiedenen Vorträgen über die Antarktis teilnimmt.
Erste Albatrosse segeln mit ihren Flügeln von bis zu 3.5 m Spannweite elegant und dicht über die Wellen. In der zweiten Nacht durchfahren wir die Grenze zur Antarktis in Form der antarktischen Konvergenz. In dieser etwa 50 bis 100 km breiten Zone sinkt das 1 bis 2 Grad Celsius kalte antarktische Wasser unter das 4 bis 5 Grad wärmere subantarktische Oberflächenwasser ab. Die Lufttemperatur sinkt ebenfalls spürbar ab.
Dank Doktor Peter und seinen Tipps, fühlt sich Beat beim Überqueren des 60. Breitengrades, ab welchem wir nun offiziell in der Antarktis weilen, bereits besser. Die Wellen haben sich etwas gelegt und wir erspähen erste Eisberge.
Klauende Pinguine (Antarktis)
Nach 41 Stunden auf offener See ist es dann soweit. Wir fahren an ersten Eisbergen vorbei zu den South Shetland Islands und ankern ein erstes Mal. Unsere hoch motivierte Russische Crew ermöglicht uns abends um acht Uhr noch den ersten Landgang. Schnell warm und wasserfest anziehen und durchs Desinfektionsbad waten und schon sitzen wir in einem Zodiac (Gummiboot). Kurze Zeit später stehen wir mitten in einer Gentoo-Pinguinkolonie. Erfreulicherweise dürfen wir uns unter Einhaltung der Fünf-Meter- Abstandsregel frei bewegen. Das Erkunden der Pinguine und ihrer Lebensweise macht Spass und lässt alle Strapazen der Überfahrt vergessen. Die Weibchen liegen bereits auf den Nestern, welche fein säuberlich mit Steinchen angehäuft wurden. Es ist ein Schauspiel sondergleichen, wie die Männchen in Pinguin-Tempo die Nester mit zusätzlichen Steinchen optimieren. Dazu bedienen sie sich einfach an Nachbars Nest. Vorne eins hinlegen und hinten wird eins gestohlen.
Eis, Eis und nochmals Eis (Antarktis)
Die Tage vergehen schnell. Bis zu drei Landgänge unternehmen wir mit dem Zodiac und stehen dafür auch gerne mal morgens um halb vier Uhr auf. Manchmal schneit es noch während der ersten Tour. Nachmittags bläst der Wind so stark, dass uns die nächste Insel bereits wieder mit Sonnenschein empfängt. All die unterschiedlichen Farben, Formen und Eindrücke können wir kaum beschreiben, dafür laufen unsere Kameras auf Hochtouren (hunderte oder besser gesagt tausende von Fotos warten darauf, sortiert zu werden). Mit dem Zodiac durch Treibeis fahren und dabei lauschen, wie die Schiffsschraube das Eis berührt und für den Whisky am Abend ein Stück glasklares Gletschereis fischen, welches mehrere hundert Jahre alt ist, einfach toll.
Ein besonderes Erlebnis ist die Anlandung auf dem antarktischen Festland. Dieses ist mit über 97% Eis bedeckt und eine Anlandung ist nur gerade an drei Stellen möglich, da hohe Gletschersäume sehr gefährlich sind. Am Portalpoint, wo wir landen, ist noch das Fundament einer ehemaligen Schutzhütte ersichtlich. In dieser 2x4 m grossen Hütte mussten schon bis zu sechs Leute bei bis zu -80°C überwintern. Dies geschah dann, wenn sie zu spät über den 600 Kilometer langen Gletscher vom Südpol zurückkehrten und ihr Versorgungsschiff vor dem Einfrieren die Bucht verlassen musste. Apropos Eis: Die Antarktis hält 70% der Süsswasser-Reserven unseres Planeten in ihren Gletschern fest. Das Eis ist bis zu 4'500 m dick und bis zu 900'000 Jahre alt. Die Fläche von 14 Millionen km2 verdoppelt sich in der Winterzeit.
Der heftige Wind verunmöglicht uns ein Anlanden an Port Lockroy, wo sich die einzige Poststelle der Antarktis befindet. Und doch macht sich ein Zodiac auf in die stürmische See und bringt unseren Bootsarzt zur englischen Forschungsstation, wo jemand medizinische Hilfe benötigt. Wir schauen dem stürmischen Spektakel von drinnen zu und sind froh, als unsere Crew mit dem Arzt, zwar klitschnass aber heil zurück auf dem Schiff ankommt. Spannend ist es jeweils, wenn Captain Sasha persönlich auf der Brücke erscheint. Dann durchfahren wir entweder Treibeis, manövrieren uns durch Meerengen (Lemair-Kanal) oder fahren mit dem Schiff in einen aktiven Vulkan. Auf Deception Island fahren wir in eine riesige Bucht, wo sich eine alte Walverarbeitungsstation befindet. Diese wurde infolge eines Vulkanausbruches Ende 1960 komplett mit Asche bedeckt und musste schlagartig verlassen werden. Heute dient der Ort als Anschauungsplatz des grauenhaften Walmordens, grösstenteils wurde das gewonnene Öl zur Herstellung von Dynamit benötigt.
Von unserem Historiker an Bord erfahren wir viel über die Geschichte des welt-berühmten Captain Ernest Shackleton. An dem Ort, wo 22 seiner Männer nach dem Sinken ihres Schiffes den Winter verbrachten, herrscht auch bei uns raue See und ein Anlanden zum Monument ist trotz mehreren Versuchen nicht möglich. Wir umrunden den besagten Punkt im Zodiak bei Schneegestöber und wärmen uns gerne im geheizten Schiff mit einem heissen Tee auf.
Königspinguine (Südgeorgien)
Während der dreitägigen Fahrt über die Scotia Sea nach Südgeorgien müssen nochmals alle Kleidungsstücke und Ausrüstungsgegenstände mit dem Staubsauger gründlich gereinigt werden, um so das Risiko von Übertragungen unerwünschter Samen und Krankheitserregern zu minimieren. Die Tage werden verkürzt mit Wal- und Vogelbeobachtungen und mit Beiträgen und Filmen zur Tierwelt. Unser Naturalist Gary, welcher 10 Sommer- und 2 Wintersaisons auf einer Forschungsstation in der Antarktis lebte, zeigt uns den Film „Happy Feet“, bei dem er sein grosses Fachwissen zur Verfügung stellte und mit den menschlichen Darstellern das Pinguinverhalten trainierte.
Beat’s Wohlbefinden muss dieses Mal sogar mit einer Injektion von Doktor Peter nachgeholfen werden, damit er rechtzeitig bei Ankunft auf Südgeorgien für die Landgänge wieder fit ist. Auf den Besuch der über 25’000 Paare grossen Königspinguinkolonie haben wir uns schon lange gefreut. Ganze vier Stunden stehen wir inmitten der zweitgrössten Pinguine. Die tollpatschigen Jungtiere mit dem braunen Federgewand sind sehr neugierig und scheinen die 5 Meter-Abstandsregelung nicht zu kennen. Sie versuchen sogar manchmal an uns zu knabbern.
Unterwegs auf Shackeltons Spuren (Südgeorgien)
Die Landschaft ist felsig und grüner als in der Antarktis, jedoch immer noch von Gletschern bedeckt. Auf der finalen Wanderung, wo Shackelton die Insel zu Fuss überqueren musste, können wir nur erahnen wie sich diese Männer wohl gefreut haben müssen, als sie die Stromness Walstation erblickten und wussten, sie haben überlebt. Für uns stellt das Ein- und Aussteigen ins Zodiac bereits eine kleinere Herausforderung dar. Zurzeit sind die Forseals (Seebären) mitten im Paarungsakt und verteidigen ihren Platz am Strand energisch. Dank den mitgeführten Wanderstöcken und guter Teamarbeit, bilden wir einen kleinen Schutzschild und können so die heiklen Passagen gut meistern. In Grytviken rosten alte Maschinen und Gebäude der ehemaligen Walverarbeitungsstation vor sich hin. Wir statten dem hier begrabenen Kapitän Ernest Shackelton einen Besuch ab und trinken einen Whisky auf sein aussergewöhnliches Wirken. Zudem nutzt unsere Crew die windgeschützte Bucht für ein Barbecue auf dem Deck, das fliessend in einen Tanzabend unter freiem Himmel übergeht.
Heftiger Wind (Falkland-Inseln)
Nach vier Tagen Südgeorgien mit hunderttausenden von Pinguinen und Vögeln, geht es fast drei ganze Tage auf offener See weiter Richtung Falklandinseln. Wie kann es anders sein, Betty verfolgt viele der interessanten Vorträge unserer fachkundigen Crew während Beat mehrheitlich die Koje hütet. Schon beim Annähern an die Falklandinseln weht, oder besser gesagt pfeift uns ein heftiger Wind entgegen. Die Zollformalitäten müssen erledigt werden und dann betreten wir Stanley, die Hauptstadt. An den roten Telefonkabinen und den vielen Landrovern bemerkt man schnell, dass es sich um englisches Hoheitsgebiet handelt. Der Wind bläst unterdessen mit über 100 Stundenkilometern, was das Laufen nicht einfach macht. Wir machen es uns gemütlich in einem Kaffee und sehen vom Fenster aus, wie unser Schiff auf einmal rasant die Bucht verlässt. Erst im Nachhinein erfahren wir, dass der Anker sich durch den heftigen Wind im schlammigen Grund immer wieder löste und so die Sicherheit des Schiffes nicht mehr gewährleistet war. Unsere Crew findet auch dafür eine Lösung, und wir werden von der Hafensicherheitsbehörde in geschlossenen Booten zurück zum Schiff gebracht.
Rockhopper-Pinguine mit Jungen (Falkland-Inseln)
Unsere letzte Anlandung findet auf Elefant Island statt und hat zum Ziel, Rockhopper-Pinguine zu sehen. Da diese nur in Steilküsten zu finden sind, muss eine 5 km (Hinweg) lange Wanderung durch Steppenlandschaft bewältigt werden. Das frühe Aufstehen und rasche Laufen hat sich für uns gelohnt. Während einer Stunde können wir die drolligen Pinguine mit ihren gelben abstehenden Augenbrauen aus nächster Nähe beobachten. Und als ob das nicht genug des Guten ist, stellen wir bald fest, dass viele ihre ein bis zwei Wochen alten Babys liebevoll behüten. So werden wir Zeugen des Fütterungsprozesses aus nächster Nähe. Ein genialer Abschluss.
Festen Boden unter den Füssen (Ushuaia)
Die Rückfahrt nach Ushuaia dauert glücklicherweise nur noch 36 Stunden und die Wellen sind nicht mehr so hoch. Die gut harmonierende Küchen- und Servicecrew zaubert im seichten Wasser des Beagle Kanals ein leckeres letztes Nachtessen hin. Nach einer ruhigen Nacht fahren wir morgens um sieben bei Sonnenschein in Ushuaia ein. Vor allem Beat ist froh, endlich wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Müde aber zufrieden machen wir uns auf den Weg zu Friedli, um nach zwei Tagen des „Nachschaukelns“ Fahrt Richtung Norden aufzunehmen.