Gleich zu Beginn der abenteuerlichen Strasse gerät Friedli in bedrohliche Schräglage, dank Beats Geschick kann er geborgen werden und wir geniessen die abwechslungsreiche Fahrt durch die abgelegene Gegend mit Vulkanen, Seen und Gletschern in vollen Zügen.
Route: Puerto Montt, Caleta La Arena, Hornopirén, Caleta Gonzalo, Chaitén, El Amarillo, La Junta, Puyuhuapi, Mañihuales, Coyhaique, Villa Cerro Castillo, Puerto Sánchéz, Glacier Exploradores, Puerto Rio Tranquillo, Cochrane, Paso Rodolfo Roballos
Schräglage (Parque National Alerce Andino)
In Puerto Montt sind wir mit Köbi und Alice (www.jakali.jimdo.com) verabredet. Gemeinsam wollen wir die abgelegene Strecke der noch mehrheitlich nicht asphaltierten, 1'200 Kilometer langen Carretera Austral bis nach Villa O’Higgins fahren. Die ersten Kilometer der Carretera Austral führen auf Asphalt entlang der Küste und hinein in den Regenwald. Wir biegen auf die schmale Schotterstrasse zum Parque National Alerce Andino. Und da geschieht das, was wir tunlichst vermeiden wollten. Wir weichen einer grossen Wasserlache aus und geraten dabei auf der linken Seite in eine unscheinbare Wasserlache, und, schwupps, sinken wir bis auf die Stossstange seitlich ein. Ruhe bewahren und Lage beurteilen ist angesagt. Ein vorbeifahrender Pickupfahrer nimmt Betty zwei Kilometer bis zum Parkeingang mit, um Hilfe zu holen. Köbi und Alice sind bereits am wandern. So bringen zwei freundliche Parkranger Betty mit ihrem Pickup zurück zur Unfallstelle und staunen Bauklötze, wie Beat dank dem mitgeführten Handseilzug Friedli in Kürze selber aus der misslichen Lage befreit. So können auch wir die Wanderung zu der 3`000 Jahre alten Lärche anschliessend noch geniessen, da Friedli im Trockenen steht und wir die Nacht nicht in Schräglage verbringen müssen. Huff, alles nochmal gut gegangen.
Kurzweilige Fährfahrt (Hornopirén)
Für die gesamte Carretera Austral benötigt man 4 Fähren, wovon drei sich ganz im Norden befinden. Nur weil Nebensaison ist, können wir ohne Reservierung und lange Wartezeiten gleich auf die erste Fähre und fahren weiter entlang der Küste, an abgelegenen Stränden vorbei, durch kleine Fischerdörfer bis nach Hornopirén. Im nahe gelegenen Restaurant schlagen wir uns die Bäuche voll mit frischem Fisch und übernachten direkt am Hafen. Früh morgens reihen wir uns ein für die Fähre Nummer zwei. Hier wird die Fahrzeuglänge gemessen und der Preis für die Überfahrt nach Metern berechnet. Während der 4 stündigen Fahrt durch die Fjorde meint es das Wetter nicht so gut mit uns. Regenwolken und Nebelschleier hängen über uns, so dass wir nur wenig von der Landschaft sehen. Dafür machen wir Bekanntschaft mit „Bugi“ einem über 80 jährigen Schweizer, welcher die Carretera Austral mit den öffentlichen Verkehrsmitteln bereist, um seine Tochter in Puerto Natales zu besuchen. Wir haben eine lustige Runde und lauschen bei einem kalten „Plättli“ gebannt den Geschichten, welche der Vielgereiste zu erzählen hat.
Holdrio macht Frauen froh (Vulkan Chaitén)
Das Wetter bleibt für die nächsten Tage regnerisch und trüb, was für diese Region nicht ungewöhnlich zu sein scheint. So fahren und wandern wir dementsprechend durch saftig grünen Regenwald mit viel überdimensionalem Farnkraut und Nalcas, einer Art Rhabarber, mit Blättern in der Grösse eines Regenschirms. Im Parque Pumalin sind die Bäume durch den vielen Nebel so stark vermoost, dass unglaublich viele Grüntöne auf kleinem Raum zu sehen sind. Unterwegs treffen wir auf Jan und Marita (www.majanta.net) , welche fast gleichzeitig von Norden nach Süden reisen und uns noch nie begegnet sind. Gemäss Beats Wetter-App ist für den morgigen Tag eine Regenpause angesagt, welche wir nutzen, um gemeinsam den Vulkan Chaitén zu besteigen. Während des steilen Aufstiegs hüllt sich die Gegend noch in dichten Nebel. Auf dem Kraterrand angekommen, ist erst einmal Teetrinken und Abwarten angesagt. Und dann werden wir belohnt. Die Wolken lösen sich auf und vor uns öffnet sich eine surreale Landschaft mit toten Bäumen, welche auch 8 Jahre nach dem letzten Ausbruch noch kahl in den Horizont ragen. Unglaublich, dass dieser Vulkan vor seinem fatalen Ausbruch im Jahre 2008, nicht mal als einer der vielen Vulkane in Chile aufgeführt war. Fast das ganze Dorf Chaitén wurde unter der meterhohen Asche mehr oder minder begraben und sollte aus Sicherheitsgründen um 10 Kilometer umgesiedelt werden. Doch die Menschen haben sich gewehrt und sind geblieben. Kaum von der Wanderung zurückgekehrt, gesellen sich Sandra und Michi mit ihrem MAN dazu. Inmitten unserer „Wagenburg“ mit 4 europäischen Fahrzeugen, lassen wir den Tag gemütlich ausklingen. Dabei genehmigen sich die Frauen nicht nur einen Holdrio (Hagebuttentee mit Zwetschgenschnaps). Ganz nach Schweizer Tradition fliegen da schon mal Hagebutte-Teebeutel durch die Luft. Statt an der Decke, landen diese an den Seitenwänden unserer Fahrzeuge.
Mit Schneeketten auf 500 Meter (Puyuhuapi)
Auf der Weiterfahrt Richtung Süden hoffen wir, den Regengürtel nun bald zu verlassen. Kurz vor Puyuhuapi gelingt uns dies auch. Doch wir tauschen nicht, wie von uns erwartet, den Regen gegen die Sonne. Nein, wir stehen plötzlich mitten in einem Schneegestöber. Vor einer Baustelle werden wir von Strassenarbeitern aufgehalten, welche uns mitteilen, dass wir hier warten müssen, da es viel zu gefährlich sei, über den Pass zu fahren. Während wir auf die Freigabe des Passes warten, werden die erst vor zwei Wochen gekauften Schneeketten montiert. Nichts scheint mehr zu gehen, und so machen wir es uns gemütlich in unseren Fahrzeugen und schauen dem Schneegestöber zu. Nach 3 Stunden ist es dann soweit, wir erhalten Freigabe. Das einzig gefährliche auf dieser zwei Kilometer langen Strecke sind all die Einheimischen, welche mit Sommerreifen versuchen, die 100 Höhenmeter zu überwinden. Schmunzelnd demontieren wir die Ketten wieder und rollen weiter nach Puyuhuapi, wo uns ein Parkplatz direkt am Strand als Übernachtungsplatz dient.
Mate-Runde (Torres del Simpson)
Nach fast einer Woche Regen und Schnee gönnen wir uns einen Tag Erholung in der direkt am Meer liegenden Therme Ventisquero. Das Wasser ist dort so heiss, dass immer wieder im klirrend kalten Meer Abkühlung gesucht werden muss. Als Krönung schwimmen Delphine in Ufernähe vorbei. Ausgeruht wandern wir tags darauf anderthalb Stunden zum Mirador Ventisquero Colgante Gletscher und lauschen fasziniert, wie dieser kalbt. Mit dem Überfahren eines weiteren Passes lassen wir den Regenwald hinter uns und die Vegetation ändert sich auf wenigen Kilometern komplett. Weidende Kühe und Schafe durchqueren die saftige Graslandschaft. Je südlicher wir kommen, desto mehr ist der Frühling ersichtlich. Erste Lupinen blühen am Wegrand, Vögel zwitschern und riesige Hummeln sonnen sich auf den Löwenzahnblüten. Auf Empfehlung von Reisefreunden quartieren wir uns für eine Nacht auf dem Camping Torres del Simpson bei Nacho ein. Er betreibt mit seiner Frau eine Biofarm und weiht uns ins traditionelle Mate-trinken der Gauchos ein.
Absturz (Valle Exploradores)
Windkraftwerke kurz vor Cohaique weisen auf starke Winde hin. Wir fahren in den Talkessel und nutzen die Stadt zum Auffüllen unserer Vorräte. Auf der Weiterfahrt glänzen die unzähligen schneebedeckten Berge in der Sonne um die Wette. Wir beobachten eine Herde Hirsche bei der Durchquerung eines reissenden Flusses und können uns fast nicht satt sehen an den smaragdgrünen Flüssen.
Am Lago General Carrera, dem zweitgrössten See Südamerikas, fahren wir eine abenteuerliche, sehr kurvenreiche Strasse, mit tollem Ausblick, bis nach Puerto Sanchez. In dem kleinen verschlafenen Dorf gibt es praktisch keine turistische Infrastruktur. Wir erkundigen uns nach Franzisco, welcher einen Bootsausflug zu den Marmorhöhlen auf dem Grundstück seines Grossvaters anbietet. Im Gegensatz zu den bekannten Marmorkathedralen in Rio Tranquillo, welche wir danach auch noch besuchen, sind wir hier alleine und dürfen sogar durch die Höhlen laufen. Das von ihm organisierte Nachtessen findet in einem Privathaus statt und schmeckt super. Bei strahlendem Sonnenschein nehmen wir die 50 Kilometer lange, kurvenreiche Strasse ins Valle Exploradores unter die Räder. Auf der einen Seite glitzert ein See in der Sonne, auf der anderen Seite ragt ein eindrücklicher, scharfkantiger Fels in den Himmel. Und genau dieser Fels wird unserer Drohne zum Verhängnis. Als Beat Friedlis Fahrt in dieser einzigartigen Landschaft festhalten möchte, zerschellt sie beim Retourflug und erleidet erheblichen Schaden. In Cochrane finden wir zwar keine Ersatzteile für die Drohne, dafür aber einen Supermarkt, wo der Blumenkohl zwischen dem Hammer und den Wollknäueln zu finden ist. Faszinierend, was alles auf so engem Raum verkauft werden kann. Wir machen keinen Grosseinkauf mehr, da wir morgen Chile über den Paso Roballo verlassen werden, um weiter Fahrt Richtung Ushuaia aufzunehmen.
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