Nach 1100 km verlassen wir Nova Scotia um New Brunswick zu erkunden. Wir haben in den letzten 7 Tagen viel erlebt, im Vordergrund stehen die Begegnungen mit all den freundlichen offenen Menschen welche wir als sehr Gastfreundlich erlebten. Unter dem Motto „Every day is a school day“ werden wir in Zukunft beim Befahren von Schotterstrassen Luft aus unseren Pneus lassen, um unser Budget zu schonen J...
Etwas aufgeregt machen wir uns am frühen Nachmittag des 22. Aprils mit den erforderlichen Papieren und 150 kanadischen Dollar auf den Weg zum Spediteur. Dieser bestätigt uns erstmals die definitive Ankunft von Friedli und händigt die für den Zoll wichtigen Dokumente aus.
Wir haben die Unterlagen von „Seabridge“ etliche Male gelesen. Uns besonders die Hinweise: „Antworten auf gestellte Fragen der Zollbeamte die vermieden werden sollten“, verinnerlicht.
Unsere anfänglichen Sorgen stellen sich jedoch schnell als unberechtigt heraus. Nach nur 30 Minuten sind jegliche Formalitäten erledigt und wir im Besitze der erforderlichen Papiere.
Es ist der 23. April 2015 und wir packen unsere sieben Sachen in der Unterkunft zusammen und machen uns mit dem Bus auf den Weg zum Hafen.
An der Eingangspforte erhalten wir unsere Besucherpässe und eine zusätzliche Leuchtweste für Betty. Im Unterschied zum Hafengelände Hamburg, sind hier mehrere Personen erlaubt. Bereits von weitem sehen wir Friedli und unsere Freude ist gross, riesen gross!
Bei eisiger Kälte entfernen wir alle roten Sicherheitsklebebänder und kontrollieren Friedli auf allfällige Schäden. Doch er ist wohlbehalten, ohne nur einen Kratzer angekommen (ausgenommen von einem kleinen Lackschaden, den wir beim Entfernern des Sicherheit-Klebebandes selber machten)
Zu unserem Erstaunen überprüft, wie bereits in Hamburg, niemand den Innenraum. Haben wir doch diesen, wie vorgeschrieben, in stundenlanger Arbeit „Blickleer“ geräumt.
Egal, wir sind überglücklich Friedli wohlbehalten wieder zu haben. Vor der Abfahrt montieren wir noch die Nummernschilder und schon geht’s zum nächsten Supermarkt um Nahrungsmittel einzukaufen. Etwas ausserhalb von Halifax finden wir unseren ersten Stellplatz, wo wir erstmals alle unsere verstauten Utensilien freilegen und unser Reisegepäck verstauen.
Damit wir kochen können, muss noch die kanadische Gasflasche angeschlossen werden. Beat durchsucht die Ersatzteil- und Werkzeugkisten, als provisorische Verbindung für die Schläuche musste eine ¼“ Nuss herhalten (mittlerweile durch ein Rohr ersetzt)
Nach dem Nachtessen fallen wir müde aber zufrieden in unser Bett.
Nachdem es die ganze Nacht über regnete, stehen wir am Morgen am Rande eines kleinen Sees, welcher sich bestens eignet für eine erste Wasserdurchfahrt in Kanada.
Danach fahren wir der Küste entlang bis nach Sherbrook, wo uns Fred auf Berndeutsch anspricht. Er ist mit seiner Familie vor 17 Jahren nach Kanada ausgewandert und betreibt gemeinsam mit seinen zwei Kindern ein B&B. Sie laden uns ein, auf ihrem Parkplatz zu übernachten. Den Abend verbringen wir gemütlich mit seinem Sohn Andy, welcher uns sein Tonstudio zeigt und uns gleich eine CD seiner eigens komponierten Musik mit auf den Weg gibt, falls der Radioempfang mal nicht optimal sein sollte. Zusätzlich erhält Beat, als Ersatz für die zuhause gelassene Gitarre, eine Mundharmonika geschenkt.
Im laufe des Abends finden wir zudem heraus, dass wir bisher einen falschen Kurswert zur Umrechnung von Kanadischen Dollar in Schweizer Franken verwendet haben. Dies erfreut uns sehr, werden doch die sehr hohen geglaubten Preise etwas angenehmer. So wird der vermeintlich eher teure Diesel plötzlich zum billigsten seid Beginn unserer Reise.
An Bettys Geburtstag sind wir zu einem feinen kanadischen Frühstück im B&B eingeladen. Es riecht bereits lecker nach Kaffee als wir um 8.00 Uhr den Frühstücksraum betreten. Jeder Besuch aus der Schweiz darf sich verewigen auf der Wand, was wir natürlich gerne tun. Wir unterhalten uns mit den Gastgebern und den dazu gesellten Personen aus dem Dorf, da gerade ein kleiner Flohmarkt stattfindet. Dabei werden wir von einer älteren Dame zum Tee in ihr Haus eingeladen, welches in der Goldgräberzeit erbaut wurde und als sehr typisch gilt. Wir erfahren viel über die Lebensgeschichte des Paares und sind beeindruckt was sie schon alles gemeinsam erlebt haben.
Voller Tatendrang entscheiden wir uns zur Weiterfahrt der Küste entlang bis nach Canso. Der Parkplatz am Hafen erscheint uns als geeigneter Übernachtungsplatz. Wir möchten die Polizeipatrouille, die ebenfalls auf dem Parkplatz halt macht, Fragen, ob wir hier eine Nacht bleiben dürfen. Völlig unerwartet werden wir mit einem „Wow“ begrüsst. Einmal mehr wirkt Friedlis Charme und wir sind herzlich eingeladen, auf dem Parkplatz des Wohnhaus des Polizisten, mit genialer Aussicht auf die vorgelagerten Inselgruppen, zu Übernachten.
Er gewährt uns freien Zugang zu seinem Haus und dem Internet.
Bald stellt sich heraus, er bereiste ebenfalls die Panamericana mit dem Motorrad. So haben wir uns während dem gemeinsamen Nachtessen (Fachitas) viel zu erzählen.
Am nächsten Morgen ist es bewölkt und es schneit sogar leicht. Wir verabschieden uns nach dem Frühstück und fahren weiter nach Cape Breton. Wegen des teils dichten Nebels sehen wir nur wenig von der Landschaft. So entscheiden wir uns den Cabot-Trail (340Km) nicht vollständig zu fahren. Dafür erwartet uns in Englishtown, ein Übernachtungsplatz direkt am Meer, ein Naturschauspiel der besonderen Art. Wir beobachten Treibeis, das sich aus dem Meeres-Arm löst und durch die Ebbe Richtung offenes Meer strömt.
Auch der darauf folgende Morgen ist in Punkto Nebel fast nicht zu übertreffen. Bald legen wir einen Kaffeestopp bei Tim Hortons, unserem mittlerweile bevorzugtem Fastfood-Restaurant mit Free-WIFI, in Sidney (Canada, Nova Scotia) ein.
Während wir unseren heissen Cappuccino schlürfen, Mails laden und unsere Webseite pflegen, spricht uns der Geschäftsführer persönlich an, ob wir die Reisenden mit dem Camper vor der Tür seien. Wir bejahen und erhalten sogleich eine Tüte mit zwei Warmhalte-Kaffee-Tassen. Er heisse uns im Namen von Tim Hortons herzlich Willkommen auf Cape Breton.
Die Temperaturen sind nach wie vor winterlich, Regen und Schneeflocken wechseln sich ab. Beat optimiert immer wieder seine Excel Liste, mittels welcher er, die bisher von Hand geführte Reisestatistik, elektronisch erfassen kann.
Als sich die ersten Sonnenstrahlen am Himmel zeigen, machen wir uns auf und erkunden die kleine „Isle Madame“. Diese ist geprägt von kleinen Farmen und Fischerdörfchen. Immer wieder beobachten wir wartende Lobster-Fischer in den Häfen, die ihre Arbeit wegen des vielen Schnees und Eises, welches noch immer im Meer treibt, erst in 2-3 Tagen aufnehmen können.
Immer nach der besten Aussicht strebend, fahren wir eine Schotterstrasse hoch. Diesmal jedoch mit fatalen folgen. Als Beat die Autotür öffnet und das „Pfffffffffff“ hört, ist ihm sofort klar was das zu bedeuten hat. Zuerst denken wir noch, super, jetzt kann das mitgeführte Pneu Flickzeug, wie im Buschmechanikerkurs gelernt, angewendet werden. Beat beginnt sofort mit der Reparatur, was bei dieser Aussicht und dem Sonnenschein sogar Spass macht. Nach der Dichtheitsprüfung stellen wir fest, dass der Pneu auch trotz der durchgeführten Reparatur, Luft verliert. Auch das beunruhigt uns noch nicht so sehr, wir montieren kurzerhand das Ersatzrad und fahren zum Übernachtungsplatz zurück.
Kaum angekommen kochen wir unser Nachtessen. Da klopft es unerwartet an unserer Tür. Ein junger Fischer, welcher uns Friedli’s wegen bereits gestern einen Besuch abstattete, bringt uns frische Jakobsmuscheln. Wir sind schlichtweg überwältigt, über die Offenheit und Grosszügigkeit mit welcher uns die Kanadier begegnen!
Ausschauhaltend nach einem Pneuservice-Stützpunkt, nehmen wir am nächsten Morgen fahrt Richtung New Glasgow auf. Bereits wenige Kilometer später werden wir in Port Hawkesbury fündig. Nach dem der Pneu demontiert und von innen Begutachtet wurde, wird uns das Ausmass dieser Fahrt bewusst. Der Pneu kann nicht mehr repariert werden, da es sich um einen kleinen Riss handelt. Die von uns benötigte Dimension der Pneus habe er nicht an Lager. Doch ist auch er ein echter Kanadier und gibt uns zwei Adressen von Pneu Händlern die auf unserem Weg liegen mit. So nimmt unser Ungeschick noch am selben Tage ein Ende und wir erhalten in New Glasgow einen neuen Pneu.